Traditionelle Europäische Naturheilkunde

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Die vier Elemente

Traditionelle Europäische Naturheilkunde TEN

Die Naturheilkunde vereint heute ein weites Spektrum verschiedenster, eigenständiger Therapierichtungen (z.B. Heilpflanzenkunde, Schröpfen, Ernährungsheilkunde), welche meist klar abgegrenzt voneinander ihre eigenen Therapiekonzepte verfolgen. Für Laien mag diese Tatsache sehr verwirrend und unüberschaubar, manchmal sogar widersprüchlich erscheinen - für TherapeutInnen wirken sich widersprüchliche Therapieziele nicht selten frustrierend aus. Nicht verwunderlich ist deshalb die Tatsache, dass immer mehr PatientInnen, aber auch naturheilkundliche TherapeutInnen ein übergeordnetes, ganzheitliches Konzept in fremden Heilsystemen wie der Traditionell Chinesischen Medizin oder im Ayurveda suchen.

Diese grossartigen und althergebrachten Heilweisen repräsentieren unermessliches Wissen, das in ein philosophisches Fundament eingebunden und mit umfassenden Diagnoseverfahren und Therapiekonzepten versehen ist.

In früheren Zeiten besass auch die europäische Tradition ein ähnliches, natürlich gewachsenes Wissenssystem mit grossem Erfahrungsreichtum und gezielten Therapiekonzepten. Dieses hatte beinahe 2500 Jahre Gültigkeit und im Alltagsleben der Bevölkerung einen hohen Stellenwert inne. Leider wurden diese "Schätze" im Laufe des Mittelalters und der darauf folgenden wissenschaftlichen Revolution verb(r)annt, verworfen oder als alte Bücherschätze in den Bibliotheken zur Ruhe gebettet.
So stellt die europäische Naturheilkunde heute aus historischen, politischen und wirtschaftlichen Gründen kein zusammenhängendes Medizinsystem mehr dar. Anstatt ihren verdienten Platz neben der offiziellen Schulmedizin einzunehmen, versucht sie krampfhaft ihre Identität und ihren eigenen Standort in der heutigen Zeit zu finden.
Die Wurzeln dieser europäischen Tradition gehen in eine Zeit zurück, als es vielen Menschen nicht mehr genügte, ihre gesundheitlichen Belange gänzlich in die Hände von GöttInnen, PriesterärztInnen und SchamanInnen zu legen.
Philosophen und Heilkundige begannen Antworten auf viele neuaufgetretene Fragen zu suchen - aus dem ständigem Suchen, Beobachten und Erproben entwickelten sich komplexe Systeme die Antworten auf das "Wie und Warum" zu geben verstanden.

 

 

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Die vier Kardinalsäfte (Grafik F. Garvelmann)

 

Die Humoralmedizin
In der griechischen Antike entwickelte sich durch die genaue Beobachtung der lebenswichtigen Naturprozesse als tragendes Erklärungsmodell die Lehre von den vier Elementen und daraus die Vier-Säfte-Lehre (Humoralmedizin). Dieses Konzept vermochte erstmals die Zusammensetzung des menschlichen Körpers, sein Funktionieren und Erkranken durch das Zusammenwirken von vier Säfteprinzipien Blut, Gelbgalle, Schwarzgalle und Schleim zu erklären. Diese Wirkprinzipien beeinflussen überdies den Konstitutionstypus und die Anfälligkeit eines Menschen, als auch die Art und Weise der Therapie und der verordneten Heilmittel.

Der humoralmedizinische Arzt besitzt auf dieser Basis ein passendes Diagnose- und Therapiekonzept. Demensprechend ist er bestrebt, die im Körper wirkenden Prinzipien in richtiger Mischung zu halten und allfällige Ungleichgewichte zu korrigieren.
Hippokrates (460-377 v. Chr.) und Galen (129-199 n.Chr.) gelten als wichtige Begründer dieses Modells und verfassten dazu unzählige medizinische Schriften, welche bis weit in die Neuzeit hinein die abendländische Medizin bestimmten.
Nach dem Zerfall des römischen Reiches waren die Araber (z.B. Avicenna 979-1037) massgeblich an der Erhaltung und Weiterentwicklung des medizinischen Wissens beteiligt.

Beispiele traditioneller Diagnosemöglichkeiten

  • Inspektion, Anamnese,
  • Körperliche Untersuchung
  • Augendiagnostik
  • Pulsdiagnostik
  • Zungendiagnostik
  • Anlitzdiagnostik
  • Harnschau u.a.

Beispiele traditioneller Therapieverfahren

  • Bewegung
  • Heilpflanzenkunde, Spagyrik
  • Hydrotherapie, Wickel
  • Ernährung
  • Massage und andere manuelle Techniken
  • Ausleitungsverfahren  u.a.

Die französische Revolution läutete Jahrhunderte später das Ende des unterdessen erstarrten, dogmatischen Systems ein. Die in den Universitäten ausgebildeten Ärzte begannen sich immer mehr unwohl zu fühlen beim Gebrauch des Wissens der vorwissenschaftlichen, griechisch-arabischen Tradition. Die wissenschaftliche Revolution verwarf die alte Tradition, vertrieb sie aus den Universitäten und reduzierte sie auf eine reine "Volksheilkunde". Nun vermochten neuere Konzepte Antworten zu den Abläufen im menschlichen Körper, den Krankheitsentwicklungen und den Wirkmechanismen von Heilmitteln zu geben.

Die Stärke der vergangenen Heiltradition, wie sie über so viele Jahrhunderte Bestand hatte, ist eine gesamtheitliche Sicht, die verschiedenste Aspekte zu vereinen vermag: Chemie, Botanik, Philosophie, Religion, Mythologie, Astrologie u.v.m.
Diese Sichtweise erfordert einerseits umfassendes Wissen und Engagement, ermöglicht anderseits aber auch ein tiefes Verständnis der Heilkunst.

Aus heutiger Sicht gilt es, den verlorenen Faden der alten Heiltradition wieder aufzunehmen und weiter zu spinnen.

Dies führt uns auf eine bereichernde Suche nach unseren eigenen Wurzeln:
Eine Rückschau in der Zeit ohne dabei neuere, auf realistischen Untersuchungen basierende Erkenntnisse zu vernachlässigen, ohne das viele Erfahrungswissen aus anderen Kulturen und Weltteilen, das sich uns eröffnet hat, zu verdrängen. Eine Integration in der Gegenwart, welche uns erst ermöglicht, ein ganzheitliches Heilungsbewusstsein zu entwickeln.

                                                                                          C. Raimann

Grundlagen der Traditionellen Europäischen Naturheilkunde TEN, Bacopa Verlag 2012
 

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